Rez.: HELSON 3,1: Pinzgau

Julian Blaßnigg, Historisch-Etymologisches Lexikon der Salzburger Ortsnamen (HELSON 3,1). Pinzgau. Gemeinde- und Ortschaftsnamen sowie ausgewählte Gewässer- und weitere Siedlungsnamen. Unter der Patronanz der Salzburger Ortsnamenkommission (SONK), hg. von Thomas Lindner. Salzburg-Wien: Edition Tandem 2020, 209 S. – ISBN 978-3-904068-22-4, Preis: EUR 24,90 (DE).

Rezensiert von Albrecht Greule, Regensburg

HELSON 3,1 ist in der Reihe der HELSON-Bände (Anm. 1) insofern eine Besonderheit, als der Pinzgau – der Bezirk des österreichischen Bundeslandes Salzburg mit dem größten Namenbestand aller salzburgischen Bezirke – auf zwei Teilbände (HELSON 3,1 und 3,2) verteilt wurde. Im hier besprochenen Band 3,1 werden die Gemeinde- und Ortschaftsnamen, die Namen weiterer Ansiedlungen und der Gewässer durch Namenartikel erfasst. Die weitere Besonderheit von Band 3,1 ist die Tatsache, dass das Namenbuch aus der Dissertation von Julian Blaßnigg hervorgegangen ist. Die Transformation der Dissertation in einen (halben) HELSON-Band ist nicht in allen Fällen gelungen. Auch wirkt der in HELSON 3,1 verwendete Stil salopp und um Popularität bemüht, wenn etwa eine Namenerklärung mit den Worten „Ein sehr spannender Name, dessen Deutung nur nach eingehendem Studium der hist. Beleglage möglich wird“ (S. 117) eingeleitet wird oder am Artikelschluss eine Anekdote erzählt wird (z. B. S. 113).

Die in den Namenartikeln ausführlich präsentierten Informationen (rezente Mundartform, Belegreihe, Belegauswertung, Vorgängerdeutungen, eigene Deutung, lokalhistorische Hintergründe) ermöglichen es den Lesern, die Etymologie der Namen gut zu verfolgen, bieten aber auch Raum für weitere Fragen, Kritik und Ergänzungen. Das soll am Beispiel des Namens der durch das Gletscherbahnunglück bekannten Gemeinde Kaprun (S. 68–72) gezeigt werden. Ausführlich beschäftigt sich Julian Blaßnigg mit dem Problem der Endsilbenbetonung des eindeutig nicht vordeutschen Namens (Kaprún) und löst es mit dem Verweis auf das Vorkommen von deutschen Komposita mit Betonung des Grundworts wie Schönbrúnn. Mit dieser Akzentuierung ist auch zu erklären, dass das etymologisch in der ersten Silbe zu erwartende /a:/ heute kurz gesprochen wird. Den ältesten Beleg 931 Chataprunnin erklärt der Autor einleuchtend als bairisch-ahd. Kompositum im Dativ Singular, zusammengesetzt aus ahd. kât/quât st.n. ‘Kot, Dung, Mist’ oder ‘übelriechende Flüssigkeit’ und ahd. brunno ‘Quelle, Brunnen’. An der dichten Belegreihe lässt sich geradezu lehrbuchmäßig die nach der Synkope von Chatprunnen ausgehende Entwicklung mit Sprecherleichterung des Inlauts /tpr/ zu Kaprun verfolgen. Als Besonderheit sollte hervorgehoben werden, dass der Beleg 931 Chata-prunnin in der Kompositionsfuge den Stammauslaut /a/ von ahd. kât (< vorahd. *kwāda-) wie z. B. auch ahd. glasa-faz bewahrt hat.

Lobend hervorheben darf man die Artikel zu den zahlreichen ing-Namen, die mit der Struktur PN-Stamm + Suffix -ing gebildet sind, z. B. Deuting (S. 22), 1323 Teiting < mhd. *Tiuting, abgeleitet vom PN. Tûto. Diese primären ing-Namen werden treffend von den sekundären, teilweise analogisch gebildeten ing-Namen getrennt. So ist z. B. die Ableitung von Gumping, 1298 Gumppinge (S. 49f.) von mhd. gumpe ‘Moosgrund’ – auch aus den erwähnten sachlichen Gründen – überzeugender als die Herleitung von einem PN *Gumpo. Eine analoge ing-Bildung ist Schienking, ca. 1245 Schinchien (S. 141), das von Julian Blaßnigg treffend auf mhd. schin-kien ‘Schinkiefer’, eine alleinstehende Kiefer, die als Anhaltspunkt bei Vermessungen diente, zurückgeführt wird. Ein herausragendes Beispiel für die Bildung sekundärer ing-Namen ist Letting, das 927 loco lêtto genannt wird, ahd. letto ‘Tonerde, Lehm’ früher überliefert als im Althochdeutschen Wörterbuch registriert (Anm. 2) und erst ca. 1245 Letingon mit der Bedeutung ‘wo es Lehm, Tonerde gibt’ als ing-Name erscheint. Das Bildungsmuster PN im Genitiv + Grundwort ist auch den Ortsnamen mit dem Grundwort -bach, -heim/-ham, -dorf oder -hof(en) gut vertreten. Im Falle des (nichtamtlichen) Namens des Politischen Bezirks Zell am See, Pinzgau (um 788 Pinuzgaoe), zu ahd. binuz ‘Binse’, scheint der typisch karolingerzeitliche Gau-Name den vorbairischen (romanischen) Raumnamen Bisonzio verdrängt zu haben – ein der Verdrängung des vorbairischen Namens der Salzach (Ivarus) durch ahd. Salzaha vergleichbarer Vorgang.

Weitere Namenartikel, die es lohnt zu lesen, auch weil es sich um Kuriosa der Pinzgauer Namenlandschaft handelt: Bsuch (S. 18) zu mhd. besuoch in der Sonderbedeutung ‘Fläche, die genügend Grasertrag zur Viehweide bietet’; Fürth (S. 41), 1165/66 Viehten, zu ahd. fioht ‘Fichtenbestand’; Scheffsnoth (S. 140), 1350 Scheffsnait, mhd. *schif-sneite ‘Schneise, die zur Gewinnung von schiffbarem Holz geschlagen wurde’.

Gleich zu Beginn wird der im Lexikon erfasste und namenkundlich erklärte Namenbestand unter der Überschrift „Historische und sprachgeschichtliche Vorbemerkungen“ siedlungs- und namengeschichtlich ausgewertet. Dabei unterscheidet der Autor vier Ortsnamenschichten: 1. Vordeutsche, vorrömische, voreinzelsprachliche, ostalpindogermanische Namen, 2. Romanische Namen, 3. Slawische Namen, 4. Bairische Namen. Wie die Benennung der sprachgeschichtlichen Kategorien in Schicht 1 zeigt – es werden hierunter auch „alteuropäische“ Hydronyme gerechnet – ist diese Schicht, außer dass es sich um existente oder abgegangene Gewässernamen handelt, diffus. Es fehlt der Versuch, die Schicht vordeutscher (besser vorgermanischer) Namen zu differenzieren – abgesehen davon, dass die Erklärungsversuche im Deutschen Gewässernamenbuch komplett ignoriert werden. Dort wird die Kategorie „alteuropäisch“ als eine missverständliche Bezeichnung möglichst vermieden und Namen, die keiner bekannten Sprache zugewiesen werden können, werden als „voreinzelsprachlich-indogermanisch“ kategorisiert (Anm. 3). Vor diesem Hintergrund ist gegenüber der Behauptung, der Pinzgau verfüge „über ein komplex ausgeprägtes alteuropäisches Gewässernamensystem“ (S. 89), Skepsis angebracht. Allein die Sallach, das zweite wichtige Fließgewässer des Pinzgaus, repräsentiert in den ältesten Belegen (788 Sala) einen indogermanischen Namentypus, der in mehreren Gegenden Europas verbreitet ist.

*Isonta, der vermutete alte Name der oberen Salzach bis zu ihrer Mündung in den Zeller See (S. VII–VIII), ist aus dem Namen des norisch-keltischen Stammes der Ambisonten (Ambisontes, Ambisontioi) rekonstruiert (S. 137), woraufhin der Stamm an den Ufern der oberen Salzach im Pinzgau lokalisiert wurde. Als „alteuropäische“ Parallele zu *Isonta kann der Name des Isonzo, der bei Triest in die Adria mündet und slowenisch Soča heißt, schwerlich dienen (S. 137), da er zuerst als Aesontius, dann als Sontius und Isontius überliefert ist. Aufgrund der Verbreitung des im ON Maria Alm (etwa 1270–1281 in Alben) präsenten Gewässernamens *Alba ‘Weißwasser’ kann der Name als keltisch gelten. Gleiches wäre für den ON Dienten zu erwägen, der im HELSON 3,1, S. 25f., auf voreinzelsprachlich *dhu(ṷ)-ont(-in)-ā ‘die rasch Fließende’ zurückgeführt und an die alteuropäische Hydronymie angebunden wird, ohne Parallelen wie den Donven(erbach) in Luxemburg zu beachten. Das erwartbare norisch-keltische Substrat im Pinzgau kann durch das Hydronym Lofer verstärkt werden, wenn man bereit ist, den romanischen Namen *Lovera als vorrömischen (keltischen) Reliktnamen zu kategorisieren. Ähnliches gilt für den ON Wenns (S. 177): 1229 de Wense, 1345 ze Wense (die beiden ältesten Belege sind Kürzungen aus Wennes mit Metathese), der zusammen mit ON Wenns (Tirol) als „vorrömisch“ eingeschätzt wird, aber sonst ungeklärt bleibt. Es könnte sich, geht man von vorahd./roman. in *vannis aus, um die Bildung eines ON mit einem keltischen Lehnwort *vānnos ‘Abhang’ (< kelt. *ṷāgno-s) (Anm. 4) handeln. Kein Zweifel besteht daran, dass der ursprüngliche Gegend- und Talname Rauris, vor 1122 Rûrese (S. 121–126), ein voreinzelsprachlich-indogermanischer Name ist; nicht plausibel wird jedoch, warum es „viel wahrscheinlicher“ ist, statt von idg. *Rūresā (mit bairischer Diphthongierung von /ū/) den Umweg über vorslaw. */au/, urslaw. */ū/ und ahd. /ū/ zu gehen. Um das Hydronym Unken, 1137 Unchen, 1144 Vnchine (S. 166f.) < idg. *Onkinā ‘die Krumme’ als „alteuropäisch“ deklarieren zu können, fehlen europäische Parallelen; eine Herleitung aus dem Germanischen, z. B. als Derivat zu ahd. wenken ‘wanken’, wozu der ON Unkel (Lkr. Neuwied) gehört, wird nicht in Erwägung gezogen. Auch fällt es schwer, in dem Hydronym Urslau, 1260 Vrslaw (S. 168) nur wegen der Parallelnamen Urselbach, Urschlauer Achen und Ussel einen „alteuropäischen“ Namen zu erkennen, zumal mit *Alba der ursprüngliche Name der Urslau (S. 4) ermittelt wurde. Die Frage ist, ob das in Urschlau vorliegende Hydronym ahd. *Ursala von bairischen Siedlern in den Pinzgau übertragen wurde.

Zahlenmäßig nicht viel stärker ist die romanische Namenschicht: Fusch, ca. 963 Uusca (S. 41–43), Hydronym (< lat. (aqua) fusca ‘trübes Gewässer’); Marzon (S. 93): 1334 Martsan < roman. PN Marciānus oder Praedienname roman. *Marcianu, abgeleitet vom PN Marcius; Ramseiden, 888 Ramsidin (S. 119–121) < roman. *Ramicídu < *ramicētum ‘dicht bewachsener Hang’. Auch wenn der ON Wenns (S. 177) letztlich auf ein keltisches Reliktwort zurückgeht (s. o.), kann er zur romanischen Namenschicht gerechnet werden; ähnlich auch Lofer < Lovera (s. o.) Der wichtigste romanische Orts- und Gegendname im Pinzgau ist (um 788) Bisonzio, jetzt Zell am See (S. 110–113; 137). Zu der allgemein akzeptierten Deutung, dass Bisonzio aus *Ambisontium (zum Ethnonym Ambisontes gebildet) entstanden sei, bemerkt Julian Blaßnigg richtig: „Warum bei Bisonzio die Erstsilbe nicht erhalten blieb, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen“ (S. 112). Der vermeintliche Parallelfall PN Cissimo statt Dul-cissimus ist bei der Bildung von Personennamen üblich, nicht jedoch bei Ortsnamen. Eine mögliche Erklärung muss allerdings auf die bisherige Etymologie verzichten und in Bisonzio romanischen Betacimus (Anm. 5) annehmen, so dass Bisonzio aus vorroman. *Visontio-s (mit Wandel des /v-/ zu /b-/) entstand. Vergleichbar sind der ON Vesontio (bei Caesar), das heutige Besançon (Frankreich); ferner ON Visentium (bei Plinius) mit dem Fluss Bisenzo, Nebenfluss zum Arno (Toscana). Da es im Kanton Wallis einen Nebenfluss zur Rhône, namens Vezonce (< *Visontia) gibt, liegt die Vermutung nahe, dass es sich auch bei Bisonzio/*Visontios um ein ursprüngliches Hydronym (Oberlauf der Salzach) handelte. Der Name der Ambisontioi könnte aus *Ambivisontioi durch Haplologie der Mittelsilben auf Ambisontioi gekürzt sein. Das vorroman. Hydronym *Visontios ist wegen der Parallelen *Visontia und Visentium und weiterer Namen (Anm. 6) als voreinzelsprachlich-indogermanisch einzustufen; es entspricht dem onymisierten Partizip idg. *ṷis-ont-/-ent- ‘fließend’ (substantiviert ‘Fluss’) (Anm. 7).

Beim ON Walchen (S. 172–174) liegt wider Erwarten kein Hinweis auf romanische Siedlung vor, vielmehr wird die Übertragung des Namens im Zusammenhang „mit dem Geschlecht der Walcher“ (S. 174) überzeugend nachgewiesen.

Die slawische Namenschicht besteht aus den slawisch-bairischen Mischbildungen Fröstlberg (zu slaw. *breza ‘Birke’), Jesdorf (zu slaw. iva ‘Salweide’?), Quettensberg (slaw. PN *Chotěměrъ/*Chotěmirъ) und Tobersbach (slaw. PN Dobreš). Trotz der Überlegungen des Autors, auch den ON Ferleiten, 1272 in Verlatten (S. 36), wenigstens im Bestimmungswort der slawischen Namenschicht zuzuweisen, handelt es sich um einen bairischen Namen mit der Ausgangsform ahd. *Ferh[eih]latta, einer Klammerbildung mit ahd. latta ‘Latte, Brett, Balken, Bauholz’ und ahd. fereheih ‘(Speise-)eiche’.

Bairische Namenschicht: Zwar sind die (primären) ing-Namen ein Indiz für die bairische Landnahme im 6.–8. Jahrhundert (S. IX); es gibt aber besonders in der Hydronymie, wie Krimml, 1224 Chrvombel < ahd. *Krumbila (S. 76–78) zeigt, weitere vorzüglich mit -l- suffigierte Namen, die, da sie nicht mehr „durchsichtig“ sind, nicht als „vordeutsch“ deklariert zu werden brauchen, sondern aus dem Germanischen erklärbar sind: Dazu könnten als „frühbairische“ Hydronyme gehören: Uggl (s. u.), Unken (s. o.), Urslau (s. o.). Demgegenüber kann Leogang (S. 83–85), der Name der Leoganger Ache (930 iuxta rivolum Liuganga) einfach als Kompositum mit ahd. (aha)gang ‘Wasserlauf, Flussarm’ verstanden werden, dessen Bestimmungswort wahrscheinlich ahd. liut ‘Volk’ war: *Liutgang > (latinisiert) Liuganga, mit Vereinfachung der Lautgruppe /tg/, vgl. ahd. PN Liutgard neben Liugard.

Weitere Ergänzungen bzw. Korrekturen:

Aberg (S. 3): 1350 Eyperch, Äperg; Ausgangsform ist ahd. *Ouui-berg ‘Berg(hang), der zur Schafweide genutzt wird’, vgl. ahd. ouuistal ‘Schafthürde’.

Amertal (S. 5f.): 1421 Am(er)tal; die Begründung, warum als Bestimmungswort mhd. amer ‘Sommerdinkel’ „nicht haltbar“ ist, bleibt der Autor schuldig und folgt lieber einer „alteuropäischen“ Etymologie mit der Bedeutung ‘Flusstal’.

Madreit (S. 90): die zur Erklärung herangezogene Form ahd. mard ‘Marder’ gibt es nicht. Die ahd. Ausgangsform des Namens ist *Mardar-riuti ‘Rodungsgebiet mit Mardervorkommen’, der älteste Beleg 1362 Madräwt ist über *Marderruite durch Synkope, Schwunddissimilation des ersten /r/ und Einfachschreibung <r> statt <rr> zu erklären.

Maishofen (S. 91): Die ahd. Ausgangsform ist *Megines-hofen, mit dem Genitiv des PN Megin.

Mittersill (S. 95–99): Die erschlossene ahd. Form *seli gibt es nicht; es handelt sich bei Mittersill, 1155/1164 Mittersele, um die Zusammenrückung aus ahd. *zi mittarun seli, also um den Dativ zu ahd. sal (i-Stamm) ‘Haus, Hof’.

Piesendorf (S. 108–110): 1147 Půsendorf, die ahd. Ausgangsform ist *Buosin-dorf, der PN Buoso ist die diphthongierte Form des in der Notitia Arnonis belegten, noch nicht diphthongierten Namens Boso (*Bōso).

Pirtendorf (S. 113–115): 1318 Pirtendorf, ahd. Ausgangsform *Burtin-dorf, der PN ahd. *Burto kann nicht mit ahd. burdi ‘Bürde’ erklärt werden, sondern dürfte mit ahd. (gi-)burt (< germ. *burđiz) zusammenhängen.

Pürzlbach (S. 116f.): 1551 im Purtzlpach. Die angedeutete und durch die Realprobe abgesicherte Etymologie, nämlich Zusammenhang mit ahd. *borzo ‘Bodenerhebung’, kann durch den Ansatz eines „Stoffadjektivs“ ahd. *burz-în- untermauert werden. Die Ausgangsform des ursprünglichen Gewässernamens ist dann bair.-ahd. *Purzîn-pach.

Schackendorf (S. 139f.): 1341 Schaechendorff, der Name ist mit dem Genitiv des PN (ahd.) *Skacho gebildet, welcher zu as. skakan ‘eilen’ gehört; Ausgangsform ahd. *Skachin-dorf mit Sekundärumlaut.

Schützing (S. 144): ahd. scuz (= nhd. Schuss) bedeutet ‘Blitzschlag’ und kann zur Erklärung von Schützing nicht herangezogen werden.

Uggl (S. 163f.): 13. Jh. Ukl (?), 1350 Vkkel, bleibt trotz der Bemühungen von J. Blaßnigg etymologisch unklar. Eine Herkunft als Hydronym aus germ. *ukw-la- (vgl. den Ucha-Bach in der Oberpfalz, Bayern (< germ. *ukwa- ‘feucht’) sollte erwogen werden.

Ullach (S. 164–166): 1343 Velach; die Schwierigkeiten der Erklärung als Kompositum *Uodals-aha mit dem Genitiv des PN Uodal und s-Schwund können durch den Ansatz von ahd. *Uodal-aha mit ahd. uodal ‘Besitztum’ als Bestimmungswort (mit Synkope und Assimilation von *Uodlach > *Uollach/Uellach) behoben werden.

Wiesersberg (S. 178f.): 1374 di Wispekchen, 1508 Wisersperg; die lapidare Erklärung des ON als ahd. *Wisa-berg ‘Wiese am (Fuß) des Berghangs’ wird dem ältesten und weiteren Belegen nicht gerecht; möglicherweise gehören sie nicht zum ON Wiesersberg.

Der großen Zahl der Namenartikel, die dem Rezensenten als gelungen erscheinen, stehen nicht wenige Erklärungen von „schwierigen“ Namen gegenüber, deretwegen man das Buch gern zu Rate zieht, bei denen sich aber der Eindruck aufdrängt, dass sie noch nicht ausgereift sind. Durch eine Überarbeitung des Manuskripts vor der Drucklegung wären viele oft entstellende Druckfehler (nebst terminologischen Ungenauigkeiten) zu vermeiden gewesen. Trotzdem darf man auf den zweiten, sorgfältiger redigierten Halbband (HELSON 3,2) gespannt sein, mit dem der gesamte Namenbestand des an Ortsnamen reichsten Salzburgisches Bezirks dokumentiert und der weiteren Forschung zugänglich sein wird.

Anmerkungen

(1) Ingo Reiffenstein und Thomas Lindner, HELSON Band 1: Stadt Salzburg und Flachgau, Salzburg-Wien 2015; Ingo Reiffenstein, HELSON Band 2: Tennengau, Salzburg-Wien 2017.
(2) Althochdeutsches Wörterbuch, Bd. V, Berlin 2007, Sp. 862f.
(3) Albrecht Greule, Deutsches Gewässernamenbuch, Berlin-Boston 2014, S. 4.
(4) Julius Pokorny, Indogermanisches etymologisches Wörterbuch, Bd. I, Bern 1959, S. 1120.
(5) Heinrich Lausberg, Romanische Sprachwissenschaft, Bd. II, Berlin 1967, S. 6, § 300f.
(6) Vgl. Hans Krahe, Unsere ältesten Flussnamen, Wiesbaden 1964, S. 50f.
(7) Vgl. Helmut Rix u.a., Lexikon indogermanischer Verben, Wiesbaden 22001, S. 672.

Empfohlene Zitierweise
Albrecht Greule: [Rezension zu] Julian Blaßnigg, Pinzgau, Salzburg-Wien 2020, in: Onomastikblog [14.10.2021], URL: http://www.onomastikblog.de/artikel/ni-rezensionen/rez-pinzgau/

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