Am 15. Oktober 2021 verstarb nach langer, geduldig ertragener Krankheit in Regensburg Professor Dr. Heinrich Tiefenbach. Er wurde in Orsoy, Stadt Rheinberg, am linken Niederrhein geboren, studierte in Bonn und wurde dort mit der Arbeit „Studien zu Wörtern volkssprachiger Herkunft in karolingischen Königsurkunden: ein Beitrag zum Wortschatz der Diplome Lothars I. und Lothars II.“ 1973 promoviert. Die Habilitation erfolgte 1984 in Münster bei Rudolf Schützeichel mit der Schrift „Xanten, Essen, Köln. Untersuchungen zur Nordgrenze des Althochdeutschen an niederrheinischen Personennamen des 9.-11. Jahrhunderts“. Wenig später wurde Heinrich Tiefenbach auf die Professur für Deutsche Sprachwissenschaft an der Universität Regensburg berufen, wo er bis zu seiner Pensionierung 2009 in Lehre und Forschung erfolgreich wirkte. Besonderen Ausdruck und Resonanz in der akademischen Welt fanden das von Professor Tiefenbach geleitete Regensburger Symposion zum Thema „Historisch-philologische Ortsnamenbücher“ 1994, seine maßgebliche Rolle bei der Gründung der Forschergruppe Namen der Universität Regensburg 2003 sowie die Übernahme der Leitung des für Namenforscher/innen und Historiker/innen gleichermaßen bedeutsamen Arbeitskreises für Namenforschung, den Heinrich Tiefenbach infolge seiner Erkrankung zwar abgab, aber die Integration des Arbeitskreises in die Gesellschaft für Namenforschung (GfN) in Leipzig 2015 noch ausführlich begrüßte.
Das an Schriften überaus reiche wissenschaftliche Werk, das der Verstorbene hinterlässt, wurde durch ein lexikographisches Standardwerk, dem zweisprachig verfassten (deutsch und englisch) verfassten „Altsächsischen Handwörterbuch“ (2010) gekrönt. Von unschätzbarem Wert für die deutsche Namen- und Wortforschung sind über Promotion und Habilitationsschrift hinaus seine vielen Beiträge im Reallexikon der germanischen Altertumskunde und anderen Publikationsorganen, zum Beispiel der für die bairische Sprachgeschichte wichtige Aufsatz zu den Namen des Breviarius Urolfi (1990). Lange Jahre war Tiefenbach Mitherausgeber der Zeitschrift „Beiträge zur Namenforschung“. In den Ehrungen zum 55. Geburtstag 1999 wird Heinrich Tiefenbach für seine leidenschaftliche Hinwendung zu den ältesten Texten des Altsächsischen und benachbarter Gebiete ebenso gewürdigt wie dafür, dass er in der Namen- und Wortforschung neue Maßstäbe gesetzt und Grundlagen für eine neue Altsächsische Grammatik geschaffen hat. Die Erfüllung seines großen Wunschs, dem Altsächsischen Wörterbuch eine neue Altsächsische Grammatik zur Seite zu stellen, wofür Vorarbeiten bereits vorhanden sind, hat der Tod vereitelt.
Alle, die Heinrich Tiefenbach persönlich kannten, auch alle, die aus seinen Forschungen wichtige Erkenntnisse zogen, werden dem großen Gelehrten ein würdiges, dankbares Andenken bewahren. Die Wertschätzung wurde in dreifacher Weise noch zu seinen Lebzeiten in Form der Auszeichnung mit dem Joost-van-den-Vondel Preis 1999, mit der Festschrift „Entstehung des Deutschen“ (mit einer Bibliographie) (2004) und durch die Herausgabe der Schriften zu altsächsischen und althochdeutschen Namen unter dem Titel „Von Mimigernaford nach Reganesprug“ (2009).
Heinrich Tiefenbach wurde am 26. Oktober 2021 im Kreis seiner Familie zu Grabe getragen. Seine letzte Ruhestätte befindet sich im Evangelischen Friedhof in Duisburg-Meiderich.