Dieser "onomastische Herbst" war gekennzeichnet durch drei Tagungen, die den literarischen Namen gewidmet waren oder bei denen sie, wie in der Leipziger Tagung, eine wichtige Rolle spielten:
Die Tagung fand statt unter der Leitung von Prof. Dr. Klaus Wolf, Ordinarius für Deutsche Literatur des Mittelalters und der Frühen Neuzeit mit dem Schwerpunkt Bayern (Augsburg), Dr. Wolf-Armin Frhr. von Reitzenstein, Ordentl. Mitglied der Kommission für bayerische Landesgeschichte an der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, München, und Dr. Reinhard Laube, Bibliotheksdirektor der Staats-und Stadtbibliothek Augsburg. Gemäß der Zielsetzung des Arbeitskreises für bayerisch-österreichische Namenforschung (ABÖN) sollten sich die Beiträge der Tagung auf die bayerisch-österreichische Literatur konzentrieren, was auch eingehalten wurde.Die Vorträge waren trotz der geografischen Eingrenzung sehr abwechslungsreich und ergiebig. Behandelt wurden Namen im Kontext der Textgrammatik (Albrecht Greule), literarische Namen in historischer Perspektive (Friedhelm Debus), der literarische Name zwischen Ambivalenz, Ambiguität und Ironie (Volker Kohlheim), oberdeutsche Namen in der altnordischen Kosmographie (Kirsten Casemir), des weiteren Namen bei Eobanus Hessus (Dorothea Fastnacht), Hildegard von Bingen (Volker Schimpff), Hugo von Montfort (Klaus Amann), im Prosaepos "Herzog Herpin" (Lina Herz), Personennamen in Passionsspielen (Klaus Wolf), in Aventins Chronik (Wolf-Armin Frhr. v. Reitzenstein), in österreichischen Reisebeschreibungen (Karl Hohensinner), bei Nestroy (Peter Ernst), in Alfred Kubins Roman "Die andere Seite" (Franz Fromholzer), bei Alois Hotschnig (Stephanie Waldow), bei B. Brecht (Jürgen Hillesheim) und Ludwig Thoma (Armin Höfer).Sehr bereichert wurde die Tagung durch einen öffentlichen Abendvortrag, den der renommierte Thomas-Mann-Spezialist Prof. Dr. Dr. h. c. Helmut Koopmann über Namen im Werk Thomas Manns hielt. Die vielfältige Namenwelt des "großen Namenzauberers" Thomas Mann wurde hier, stilistisch brillant und zugleich informativ, dem zahlreich erschienenen Publikum vermittelt. Sämtliche Vorträge einschließlich des Abendvortrags sollen im nächsten Heft der Blätter für oberdeutsche Namenforschung (BONF 53, 2016) veröffentlicht werden
Die übrigen zwei Beispiele behandelten Fragen des Übersetzens von Toponymen am Beispiel des Sprachenpaares Deutsch-Ungarisch (Anikó Szilágyi-Kósa) und die zweisprachige Mikrotoponymie von Freiburg im Üchtland/Fribourg en Suisse (Jean-Pierre Anderegg).
Alle Vorträge werden in den Namenkundlichen Informationen 107/108 (2016) abgedruckt [in Vorbereitung].
Als letzte der der literarischen Onomastik gewidmeten Tagungen fand der alljährliche Kongress der italienischen Gesellschaft für Literarische Onomastik Onomastica e Letteratura statt, dieses Jahr in Palermo. Schon die feierliche Eröffnung im Marionettenmuseum führte die Teilnehmer, die teilweise von weither angereist waren, in die besondere Atmosphäre dieser mit Kultur- und Kunstdenkmälern reich versehenen, gastfreundlichen Stadt ein. An den drei weiteren Tagen traf man sich dann in einem Vorlesungsgebäude der Universität. Verantwortlich für den Kongress waren Prof. Dr. Maria Giovanna Arcamone (Universität Pisa) als Präsidentin der Gesellschaft Onomastica & Letteratura, Prof. Dr. Davide De Camilli (Universität Pisa) als Vizepräsident dieser Gesellschaft und Prof. Dr. Marina Castiglione (Universität Palermo). Die zahlreichen Vorträge (43 Referenten) verteilten sich auf fünf unterschiedliche Themenkreise; ein sechster Block galt der Vorstellung von Neuerscheinungen zur literarischen Onomastik:
1. "Der Name in der sizilianischen Literatur".
Hier hielten nicht nur Wissenschaftler Referate, sondern es sprachen auch zwei bekannte sizilianische Schriftstellerinnen darüber, wie sie Namen in ihren Werken vergeben: Stefania Grasso und Evelina Santangelo.
2. "Literarischer Name und Wahnsinn"
3. "Der Name bei Shakespeare"
4. "Literarische Namen, die aus Chroniken, der Geschichte, der Wirklichkeit übernommen wurden"
5. "Der Name in der fantastischen Literatur"
6. Neue Publikationen: Folgende italienische Neuerscheinungen wurden vorgestellt:
Diese Bibliografie setzt die Vorgängerbibliografie von Bruno Porcelli und Leonardo Terrusi fort: L'onomastica letteraria in Italia dal 1980 al 2005. Repertorio bibliografico con abstracts. Pisa: Edizioni ETS 2006. Onomastik, gleich, in welcher Sprache, sowie im Ausland erschienene Beiträge italienischer Autoren. Dem Hauptteil der neuen Bibliografie geht eine ausführliche kritische Einleitung voraus. Die Bibliografie ist folgendermaßen gegliedert:
Schließlich konnte in gewohnter Pünktlichkeit der neue, 18. Band der Zeitschrift il Nome nel testo vorgestellt werden. Die Redaktion lag dieses Mal in den Händen von Donatella Bremer und Simona Leonardi. Der umfangreiche Band (322 Seiten) enthält die auf der XX. Internationalen Konferenz zur Literarischen Onomastik in Pisa (12.-14. November 2015) gehaltenen Vorträge und gliedert sich in sechs Teile:
Drei weitere Beiträge Den sämtlich in italienischer Sprache verfassten Aufsätzen ist jeweils ein englisches Resümee vorangestellt.
Die Tagung hatte zwar den thematischen Schwerpunkt in der Onymik der sizilianischen Literatur, zeigte aber zugleich die in Italien so lebendige literarische Onomastik. Gewiss verdankt sie ihr reges Leben in diesem Land der Gesellschaft O&L (Onomastica e Letteratura), geleitet von Maria Giovanna Arcamone, Davide De Camilli, Luigi Surdich, Donatella Bremer und Giorgio Sale (in Zusammenarbeit mit Marco Bardini, Simona Leonardi, Matteo Milani, Maria Serena Mirto, Leonardo Terrusi). Die nächste Tagung wird voraussichtlich im November 2017 stattfinden, im gewohnten Turnus wieder in Pisa. Genauere Auskünfte sind ab Frühling 2017 von Ass. Prof. Dr. Donatella Bremer [donatella.bremer@unipi.it] zu erhalten.
Volker Kohlheim