5. FN ostslawischer Herkunft bei deutschen Neubürgern
Infolge der über die Jahrhunderte eingetretenen Eheschließungen mit Trägern russischer FN sind von den Aussiedlern deutscher Nationalität auch ostslawische FN mitgebracht worden. Es folgt eine Auswahl von FN zur Betrachtung von "links nach rechts" - gruppiert nach Auffälligkeiten:
5.1 Anlautpositionen:
Dmitriew <Dm>, Tjumenzew (bisher vereinzelt z. B. Tjarks als friesischer FN) <Tj>, Pschenow (bisher vereinzelte FN wie Pscherer, Pschorn verstärkend) <Psch>
Diese neuen FN im Deutschen zeigen freie Graphotaktik. Andere FN ohne Stütze im Dt. werden immer Schwierigkeiten in der Aussprache bereiten, wie Cernobuk <C> für <Tsch> Zajcev, Zelenkova, Zubakov <Z> für sth. <S> Zhuk <Zh> für sth. <Sch>.
Bei diesen FN ist eine gänzlich neue deutsche Aussprache zu erwarten.
5.2 Inlautpositionen:
Korcagina, Pecenkina <c> für <tsch>, Prohorov, Sahov, Amirhanjan <h> für <ch>, Gnilozub, Kozlov <z> für sth. <s>, Sapozhnik, Ryzhkova <zh> für sth. <sch>, Mahomashanov <sh> für <sch>, Nepomnjascaja, -ij, Zaporoscenko <sc> für <schtsch>, Savva <vv> für <w>. Auffällig ist nicht nur freie Graphotaktik. Außerdem kann der FN Kozlov bei dt. Aussprache [kotslof] anstößig wirken.
5.3 Auslautpositionen
Was in den Auslauten ist anders als bisher bekannt?
Gulovic, Radzevic, Spiridovic // <-ic/-vic> statt bisher < ítz>, Natalosnij, Plochij, Dubowickij // <-ij /-kij/-nij > statt bisher <i>, <ki), Zuravskij u. Zadorozhnij Bujnizkaja, Plochaja u. Zadoroznaa, Podoroznaa <-aa> statt <aja>.
∑: Erweiterung der grammatischen Endelemente bei den FN im deutschen Sprachraum der Gegenwart Vereinzelte Erscheinungen wie <-ya> in Donya oder <-yl> in Kopyl sowie <-ul> in Schmigul blieben h i e r unberücksichtigt.
6. FN bei Neubürgern jüdischer Abstammung
6.1 Allgemein besteht Übereinstimmung mit FN von deutschen Neubürgern = Spätaussiedlern (vgl. oben unter Pkt. 2.). Dazu einige Beispiele:
Cleinerman, Dikman, Eydelman, Lantsman, Shvartsman, Tsinman .. Epshteyn, Fishbeyn mit <sh> für <sch> und <ey> für <ei>, Erlikh mit <kh> für <ch>
Es sind dt. FN in neuer Form mit z. T. - veränderten Endelementen - und Graphien mit Abweichungen vom traditionellen deutschen Schriftbild.
6.2 FN ostslaw. Prägung (Xenonyme) mit "neuen" Graphien und Graphem-Phonem-Relationen im An- und Inlaut:
Bakhrakh, Balikhin mit <kh> für <ch>, Bahramov, Iohin, Saharova mit <h> für <ch>, Cheljadin, Kanyuchenko mit <ch> für <tsch>, Badyan, Yakubov mit <y> für <j> (oder <ya> für <ja>), Andriyenko, Sergyeyeva, mit <ye> für <je>, Yegerova mit <Ye> für <Je>, Kanyuchenko mit <....> für <....> und <ch> für <tsch>, Basistyy, Khorolskyy mit <Kh> für <Ch> und <yy> für <ij>, Chernyavskyy mit <Ch> für <Tsch>, <ya> für <ja> usw., Ilyevskiy, Isadskiy mit <iy> für <ij>, Bogomazov, Khaziner, Reznikova mit <z> für <s> (stimmhaft), Ryzhkova, Sapozhnik mit <zh> für <sch> (stimmhaft)
Xenonyme mit neuen Graphem-Kombinationen im Auslaut:
<aya>: Braginskaya, Braslavskaya, <ya>: Kryvulya, <yan>: Futoryan, <yev>: Guliyev, <yova>: Bogatyryova, <yuk>: Fedosyuk.
Die Grapheme <ya>, <ye>, <yo> und <yu> beruhen auf Transliteration von kyrillisch я für gesprochen [ja], ю für [ju], ё für [jo], e für [je].
Markante Erweiterung der Endelemente durch FN jüdischer Neubürger:
-aia: Belazovscaia, Choumskaia, -akh/-yakh: Bakhrakh, Blyakh, -yak: Brusnyak, -iya: Shengeliya, -chuk: Sleponchuk, -skyy: Potiyevskyy, Volodarskyy, -skaya: Braslavskaya, Lipovetskaya, -styy: Basistyy, -ukha: Romanukha, -vich/-vitch: Bassovich, Gershkovich sowie Tsilevitch
7. Die wichtigsten künftig zu beachtenden graphischen Besonderheiten bei den neuen FN im Deutschen
7.1 Endelemente:
-aa und -aya für /aja/, -akh für /ach/, -ij für /ī/, -iy für /ī/, -yy für /ī/, -iya für /ija/, -ikh für /ich/, -ich für /itš/, -yak für /jak/, -yuk für /juk/, -yan für /jan/, -yev für /jew/, -yov für /jow/, -ych für /ich/
7.2 Neue Kombinationen an- und inlautend:
<ya> <ye> <yo> <yu> für /ja/ /je/ /jo/ /ju/
7.3 Grapheme mit eigentlich neuem Lautwert
<c> für /ts/ <z> für /s/ <h> und <kh> für /ch/, <ch> für /tš/ gesprochen [tsch] <sh> und <zh> für /š/ bzw. /ž/ gesprochen [sch] stl./sth.
8. Resümee:
Das grammatische Verhalten der neuen dt. FN ostslawischer Herkunft unterscheidet sich markant von den FN aus slawischen Sprachen in früheren Jhh. Vgl. dazu die nachfolgende kurze Übersicht zu den Endelementen:
FN < Poln.: -acz, -icz/-ycz, -ak, -ek, -(n)ik, -alla, -ski/-owski, -ka, -ke (Czopek OL 6.2, 190-193)
FN < Tschech.: -(sk)y, -al, -il,-ak, -ek, -ik, -ka, (Eichler OL 6.2, 222-224)
FN < Aplb.: -isch, -osch, -ek, -laff, -wanz (Müller OL 6.2, 166/167)
FN < Sorb.: -atsch, -ak, -ik, -ar, -asch, -isch, -enz, -ke < -k, -ka, -ko (Wenzel OL 6.2, 176-179)
FN < Ostslaw.: russ. -in, -ow/-ew, -itsch, -ski, ukr. -enko, -juk, wruss. -oj, -aj, -ej (Kremer OL 6.2, 230-232, 247/248)
FN < Südslaw.: vgl. Angaben von H.-D. Pohl, U. Büttner und U. Obst in OL 6.2 , 251-321
(OL 6.2 = Familiennamen aus fremden Sprachen im Deutschen. Onomastica Lipsiensia Bd. 6.2. Leipzig 2011)
Das periphere Graphem <y> wird im Deutschen nun häufig für <j> und <i>.
Neue Graphem-Phonem-Korrelationen:
<h> u. <kh> für /ch/ - bisher <ch>, <ch> für /tš/ <tsch>, <c> für /ts/ <z>, <z> für sth. /s/ <s>, <zh> für sth. [sch] <sch>, <sh> für stl. [sch] <sch>.